Corona

Bemerkungen zur Corona Declaration
Der Präsident International Prison Chaplains Association (IPCA) Europa, der Freiburger Gefängnisseelsorger Pfr. Michi Philippi, schrieb einen Entwurf zu einer Corona Deklaration. Es hat lange Tradition, dass IPCA nach ihren Konferenzen Deklarationen zu Kongressthemen herausgibt. Da wegen der Coronapandemiesituation die für dieses Jahr geplante Weltkonferenz abgesagt werden musste, unternahm Präsident Philippi es, diesen Text zu verfassen. Die deutschsprachigen Mitglieder des UN-Teams, Pfr. Martin Faber (JVA Weiterstadt) und Dr. Frank Stüfen bearbeiteten den Text gemeinsam mit Michi Philippi und legten ihn der Zoom Konferenz (Keeping Hope Alive!) von IPCA worldwide vor, die diesen Text als offizielle IPCA Declaration annahm und verabschiedete. Der Text wollte nicht von den sehr guten Bedingungen in deutschen und Schweizer Gefängnissen ausgehen, sondern darauf hinweisen, dass es prekäre Situationen gibt, die durch Corona zum Teil noch erschwert wurden. Diese Deklaration wird von IPCA worldwide bei der UN eingereicht.

IPCA 01

IPCA, the International Prison Chaplains Association
(die Internationale Vereinigung der Gefängnisseelsorgenden) äußert sich besorgt über die Auswirkungen von Covid 19 auf die Seelsorge für die Menschen in den Gefängnissen der Welt

Lockdown für die Gefangenen

Die Coronavirus-Pandemie stellt die Welt vor eine Herausforderung. Wenn von vulnerablen (schutzbedürftige) Gruppen die Rede ist, sind inhaftierte Menschen selten gemeint. Dabei können Gefängnisse leicht zu Hotspots für COVID-19 werden. In zu vielen Gefängnissen auf der ganzen Welt tötet COVID-19 Menschen entweder direkt oder indirekt. Nach den Nelson-Mandela-Regeln haben Gefangene das gleiche Recht auf Gesundheit wie alle anderen.

Die weltweite Gefängnispopulation wird auf 11 Millionen geschätzt. Zu viele Gefängnisse in zu vielen Ländern sind überfüllt und es herrschen unhygienische Zustände. Insassen haben nicht immer Zugang zu sauberem Wasser. Das Gefängnis selbst ist kaum eine gesunde Umgebung. Lebensmittel sind in der Regel von schlechter Qualität, und an vielen Orten sind sogar Lebensmittel von schlechter Qualität selten. In vielen Ländern sind Insassen auf Familie und Freund*innen angewiesen, um Lebensmittel und anderes Notwendige zu erhalten, insbesondere in Situationen von Untersuchungshaft. Mit dem Lockdown verschwinden diese Möglichkeiten.

IPCA erkennt an, dass die Gefängnisverwaltungen in vielen Ländern ihr Bestes tun, um die Pandemie durch Lockdown - Maßnahmen aus ihren Gefängnissen fernzuhalten, indem der Kontakt mit praktisch allen anstaltsfremden Personen von außerhalb der Mauern minimiert wird. Infolgedessen wurden viele Gefängnisse vor COVID-19-Ausbrüchen geschützt.

IPCA unterstützt die Bemühungen zum Schutz des Lebens der Gefängnis-gemeinschaft, der Insassen genauso wie des Personals weltweit, bedauert jedoch Einschränkungen, die über das unbedingt Erforderliche hinausgehen und den Zugang zu Arbeitsplätzen und Beratung für Insassen einschränken.

IPCA möchte auch deutlich auf die Konsequenzen solcher Einschränkungen hinweisen:

Freunde und Familien können aufgrund ihrer Situation außerhalb der Mauern und der Kontaktbeschränkungen nicht helfen.Einschränkungen bei Besuchen von Familienmitgliedern und Freunden, kein Zugang zu Gefängnisseelsorger*innen, Freiwilligen, zu Rehabilitations- Programmen und vielen anderen Beratungsdiensten sowie keine religiösen oder spirituellen Dienste - all dies führt nicht nur zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten für Gefangene, sondern auch zu geistlicher und spiritueller Not. Das Coronavirus tötet in einigen Teilen der Welt Menschen im Gefängnis und wir sollten alles tun, um diese zu schützen. Aber auf lange Sicht können auch mangelnder Kontakt, das Fehlen von Besuchen sowie religiöser, spiritueller und anderer Fürsorge tödlich sein.

IPCA äußert die Sorge, dass viele aus gesundheitlichen Gründen erforderliche Einschränkungen auch dann bestehen bleiben könnten, wenn sie nicht mehr angemessen sind.

IPCA begrüßt es, dass Michelle Bachelet, die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Regierungen ermutigt hat, Insassen, die besonders anfällig für COVID-19 sind, wie ältere Menschen und Straftäter mit geringem Risiko, freizulassen. "Die Inhaftierung sollte ein letzter Ausweg sein, insbesondere während dieser Krise", sagte sie in einer Erklärung vom 25. März 2020. Experten glaubten, dass es genügend Spielraum für die Freilassung von Gefangenen gibt. In mindestens 46 Ländern weltweit würde die Mehrheit der Gefangenen bisher nicht wegen eines Verbrechens verurteilt. Die Zahlen der in Untersuchungshaft einsitzenden Menschen (vor dem Prozess) seien hoch. Beispielsweise befände sich ein Drittel der beträchtlichen Gefängnispopulation Brasiliens in Untersuchungshaft. (Quelle: The Lancet, 2. Mai 2020).

IPCA ruft die Gefängnisbehörden weltweit dazu auf - wo und wann immer die Möglichkeit besteht - denjenigen, die Unterstützung in Form von religiöser und spiritueller, aber auch anderer Beratung leisten, den Zugang zu Gefängnissen wieder zu öffnen.

Diese Erklärung wurde beim weltweiten „Keep Hope Alive“ webinar von IPCA am 11. November 2020 mit über 120 Teilnehmer*innen verschiedener Religionen angenommen und verabschiedet.

IPCA Ansprechpartner im deutschsprachigen Raum
Pfarrer Michael Philippi, Vorsitzender IPCA Europa (mischiphilippi@t-online.de)
Pfarrer Martin Faber, IPCA UN-Team (yogifaber-online.de)
Pfarrer Dr. Frank Stüfen, IPCA UN-Team (frank.stuefen@bluewin.ch)